04 April 2015

Rätsel zu Optimismus und Pessimismus mit Sven und Tomas am 04.04.2015


Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern unsere Sicht der Dinge (Epiktet).

Heute nur 12 Fragen, weil diese nicht einfach mit Wissen bzw. „ja“ oder „nein“ beantwortet werden konnten, sondern eine interaktive Kommunikation mit den Hörern stattfand. Im Grunde schwere Kost, aber unser Lieblingssender gehört schließlich nicht zum Formatradio.

Zum Thema passt glänzend die Empfehlung von Stephan Kyrieleis bei Xinemascope zum am 30.07.2006 beim Fantasy Film Fest vorgestellten dänischen schwarzhumorigen Film „Adam‘s Apples“.
  1. In welchem Verhältnis sind Ereignisse im Leben und die eigene Persönlichkeit verantwortlich für das eigene Glücksempfinden?
    Ergänzung: Forscher wollten das Verhältnis ermitteln, haben aber ein unerwartetes Ergebnis erhalten, welches?
    Antwort s. Frage 2)

  2. Glückliche Menschen hatten mehr Glück, unglückliche Menschen mehr Pech. Wie kam es zu diesem Ergebnis?
    Die eigene Einstellung hat Einfluss auf das Verhalten; das Verhalten hat Einfluss auf das Ergebnis. Optimismus/Pessimismus kann auch ein Zustand sein (der Pessimist empfindet auch Momente des Glücks, z.B. an seinem Geburtstag).

  3. Was ist der Unterschied zwischen optimistischem / pessimistischem Charakterzug und Zustand?
    Wir glauben, dass wir Realisten sind. Die selektive Wahrnehmung spielt aber eigentlich die große Rolle:
    Beispiele des Hausmeistahs dazu: „Ich geh mal in die Stadt, mal sehen, ob ich wen treffe“ oder „Ich geh mal in die Stadt, bestimmt wird es wieder regnen und ich werde an der Kasse angerempelt“.

  4. Ist Optimismus / Pessimismus eher ein Zustand oder ein Charakterzug?
    Katrin mit klarer Antwort: „Charakterzug ist permanent, ein Zustand nur der aktuelle Zeitpunkt“.

  5. Was kennzeichnet einen optimistisch veranlagten Charakter?
    Die Optimisten stehen der Zukunft voller Vertrauen entgegen und sind felsenfest davon überzeugt, dass sie mit allen Widrigkeiten, die das Leben bringt, fertig werden.
    Marcel erklärte auf gesellschaftlicher Ebene, dass die Ost-Nachrichten im Gegensatz zu den West-Nachrichten deutlich optimistischer waren.

  6. Wer hat den Begriff "Optimismus" geprägt und wovon leitet er sich ab?
    Dagi ‏@DuckyFrankfurt: „von Optimus / optimal, besser geht nicht“ (endlich bepunktet)

    Richtige Definition: Optimismus (aus dem Lateinischen optimum = das Beste) ist eine Lebensauffassung, in der die Welt oder eine Sache von der besten Seite betrachtet wird; er bezeichnet allgemein eine heitere, zuversichtliche und lebensbejahende Grundhaltung sowie eine zuversichtliche, durch positive Erwartung bestimmte Haltung angesichts einer Sache hinsichtlich der Zukunft.

    Sven verwies auf die Philosophie von der „besten aller möglichen Welten“, die oft missverstanden wurde. Dieses Optimum lässt sich nicht verbessern. Die Idee soll nicht in naiver Weise tatsächliches und großes Übel in der Welt leugnen oder schönreden. Gottfried Wilhelm Leibniz wies auf einen notwendigen Zusammenhang zwischen Gutem und Üblem hin: Es gebe nämlich Gutes, das nur zum Preis der Existenz von Übel zu haben ist. Die wirkliche Welt ist die beste u. a. in dem Sinne, dass das Gute in ihr auch von Gott nicht mit einem geringeren Maß an Übel verwirklicht werden kann. Außerdem ist die „beste aller möglichen Welten“ dynamisch gedacht: Nicht der derzeitige Zustand der Welt ist der bestmögliche, sondern die Welt mit ihrem Entwicklungspotential ist die beste aller möglichen Welten.

  7. Welche Grundstimmung haben die meisten Menschen anhand des Life-Orientation-Tests (LOT-R) zum dispositionellen Optimismus und Pessimismus?
    SMS von Joanna: „Nach dem Test sind die meisten Menschen optimistischer“.
    Tatsächlich kommt man nach vielen dieser Tests zu dem Schluss, dass die meisten Menschen leicht optimistisch eingestellt sind. Interessanterweise sind die Ergebnisse zu diesem Optimismus seit Jahren beständig, unabhängig von geographischen Unterschieden.

  8. Derartige Tests haben Mängel? Welche zwei weiteren Strategien wenden Psychologen an, um Reaktionen detailliert zu verstehen?
    • Prüffragen in Tests, also Fragen in abgeänderter Form zu wiederholen, um die Ehrlichkeit herauszufinden. Weil man bei Feelgood-Tests schnell erkennt, was man antworten muss, um ein positives Ergebnis zu erhalten (Sie sind ein weltoffener, geschmackssicherer Mensch).
    • In einem Interview Reflexe erzeugen, Angst verstärken. Offene Fragen stellen, die nicht mit Ja und Nein beantwortet werden können. Körpersprache nutzen (Ivo).
    • Lügendetektor, Herzschlag-/Hautmessung (Ben)
    • Menschen in Situationen bringen, die eskalieren können wie beim Rollenspiel in „das Experiment“ (Matthias)
      Allein schon wegen der Filmmusik von Linkin Park, die dadurch in Deutschland entdeckt wurden, hier der 35sekündige Trailer zum Film "Das Experiment"
      Bepunktete gesuchte Antwort: Technische Lösung mit MRT/fMRI sowie Untersuchung der Wahrnehmungs- und Deutungs-Präferenzen.

  9. Wie funktioniert fMRT?
    Kommt ohne Strahlung aus, die Geräte haben jedoch (schon im Ruhezustand) einen immensen Stromverbrauch.
    Mit Hilfe der funktionellen MRT (Magnetresonanztomographie) bzw. fMRI (functional magnetic resonance imaging) können wir dem Gehirn quasi „bei der Arbeit zusehen“. Der Patient führt während der Messung immer wieder Aufgaben aus, wie zum Beispiel eine bestimmte Handbewegung, einfache Rechenaufgaben oder lautes Vorlesen einzelner Wörter. Durch Stimulation benötigt man mehr Energie, die Areale des Gehirns, die mitarbeiten, brauchen mehr Sauerstoff im Blut, was mit MRT sichtbar gemacht wird. Die Muster dieser Hirnaktivität sind absolut beständig; mit dem individuellen Footprint werden bei derselben Tätigkeit werden auch in späteren Jahren dieselben Areale wieder aufleuchten.

  10. Was sind kognitive Neigungen bzw. affektive Veranlagungen?
    Als Tipp nannte Sven dazu den Wissenschaftler Paul Watzlawick und dessen Geschichte „der Mann mit dem Hammer“. Katrin kannte die Geschichte, mochte dessen Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“ aber nicht. 
    Zur Antwort: Eine soziale Situation, die höchst uneindeutig ist. Die eigene Neigung wird bestimmen, wie man eine Situation interpretiert und bewertet. Katrin erklärte gut, dass Kognitionen unsere eigenen Einstellungen, Gedanken, Bewertungen und Überzeugungen umfassen.

    Unsere affektive Veranlagung (Seite 35 im Buch „In jedem steckt ein Optimist“ von Elaine Fox - Wie wir lernen können, eine positive Lebenseinstellung zu gewinnen, und dabei geht es nicht um die halbvollen Gläser) wird entscheidend von solchen Interpretationen in die eine oder andere Richtung geprägt und zwar von einer großen Fülle von ihnen. Diese Deutungen laufen unterhalb der Bewusstseinsschwelle ab und führen am Ende dazu, dass wir speziellen Dingen gegenüber eine bestimmte Neigung oder Einstellung besitzen, dass wir ihnen gegenüber „voreingenommen“ sind.

  11. Was beschreibt der Cocktailparty-Effekt und wie war der dazu passende Versuchsaufbau?
    Man untersuchte, was auf einer Cocktailparty, wo viele Menschen gleichzeitig sprechen, wahrgenommen oder weggeblendet wird. Darunter versteht man selektives Hören, also die Fähigkeit des menschlichen Gehörsinns, etwas zu extrahieren.

  12. Wie lange "funktioniert" der Cocktailparty-Effekt?
    • Er endet mit DEM Schlüsselwort, dem eigenen Namen (beim Aufwachen aus der Narkose wird man stets mehrfach mit dem Namen angesprochen).
    • Mit Gefahr oder mit Lust assoziierte Bedürfnisse dringen durch (man sollte „Feuer“ rufen wenn man die Aufmerksamkeit auf sich ziehen muss)
Punktenotation der 10 aktiven Teilnehmer am 04.04.2015:
  1. Katrin: 21 Punkte
  2. Ben: 14 Punkte
  3. Dagi: 6 Punkte
  4. Ivo: 4 Punkte
    Marcel: 4 Punkte
  5. Hausmeistah Tomas: 3 Punkte
  6. Joanna (inkl. elektronische Medien-Begrüßungs-) 2 Punkte
    Matthias/Sachsenhausen: 2 Punkte
  7. Ubiqitäres Genuschel ‏@GameOfSofas: 0
    Friki Frenki: 0

Wie wir aus dem gestrigen Spielfilm über den bekannten Frankfurter Wissenschaftler Bernhard Grzimek erfuhren war er Abenteurer, Scherzartikelfan, Ehebrecher, PR-Genie, NSDAP-Mitglied und Vorreiter der ökologischen Bewegung. Grzimek verzweifelte am Ende seines Lebens (gestorben März 1987), weil er sich sicher war, dass die Menschen trotz seines unermüdlichen Engagements die Welt zerstören werden.
Die Chronistin erinnert mit österlichem Gruß an dieser Stelle daran, dass wir Radio-X-Hörer in der Lebensmitte Tschernobyl und Fukushima, Ozonloch/Erderwärmung/Waldsterben, AIDS, Husseins angezündete Ölquellen, Rinderwahn/Schweinepest/Vogelgrippe überlebten und dass – trotz allem vorherigen Pessimismus – Radio X ab Juli 2015 von Bockenheim aus weiterhin senden wird.



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